Liebe Bürgerinnen und Bürger,
liebe Kolleginnen und Kollegen,


seit vielen Jahren arbeite ich als Richter und bin dabei oft mit Opfern und Tätern von Gewalttaten konfrontiert worden. Im Laufe der Zeit sind einige Fragen für mich immer drängender geworden.
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Was tun, um zu verhindern, dass Opfer einer Gewalttat manchmal bis zu 6 Monate auf eine Therapie warten müssen, die ihnen hilft, die schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten?
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Was tun, um Gewalttaten zu verhindern, bevor sie begangen werden?
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Was tun, um zu verhindern, dass Täter immer wieder zu Tätern werden, sobald sie ihre Strafe verbüßt haben?
Wir bieten sowohl Opfern als auch Tatgeneigten seit dem 16. Oktober 2008 einen geschützten Rahmen, um über das Erlebte zu sprechen. Mit unserem Verein BIOS-BW e.V. möchten wir gezielt dazu beitragen, unsere Gesellschaft sicherer zu machen.
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Opfern schnell und unbürokratisch zu helfen, ist eines der großen Ziele unseres Vereins, z. B. mit unserem Telefon für Akutfälle, das für Opfer von Gewalttaten da ist. Das ist uns aber nicht genug! Wir haben deshalb 2014 in Kooperation mit der Stadt sowie dem Landkreis Karlsruhe die Opfer- und Traumaambulanz Karlsruhe/Baden eingerichtet. So können wir Opfer von Gewalt- und Sexualstraftaten sofort und persönlich begleiten.
Bei meiner Arbeit als Richter bin ich immer wieder auf ein gravierendes Problem gestoßen. In Deutschland werden Gewalttäter zwar durch Wegsperren bestraft, aber nach Verbüßung ihrer Strafe nahezu unkontrolliert wieder in die Gesellschaft entlassen. Eines der Probleme dabei ist, dass in Hauptverhandlungen häufig keine psychologischen Gutachten erstellt werden und deshalb die bei den Tätern vorhandenen und für die Tat mitursächlichen Persönlichkeitsprobleme unerkannt bleiben. Die fatale Folge ist, dass nicht nur Zeit verloren geht, sondern solche Störungen oftmals auch weiter nicht erkannt und behandelt werden. Ein Rückfall ist damit in den meisten Fällen vorprogrammiert.
Dieser schreckliche Kreislauf kann durchbrochen werden – dafür setzt sich BiOs-BW e. v. mit ganzer Kraft ein: Wir haben schon viel erreicht: Sexualstraftäter müssen – vor allem bei Vergehen an Minderjährigen – nun per Gesetz bereits im Rahmen der Gerichtsverhandlung psychiatrisch begutachtet werden, um die Erfordernis und die Möglichkeiten einer therapeutischen Behandlung einzuschätzen und eine solche Behandlung frühzeitig zu ermöglichen. Unser Verein betreibt zahlreiche Stützpunkte zur Behandlung von Tätern und Tatgeneigten und hilft damit aktiv dabei, das seit 2013 geltende Gesetz mit Leben und Sinn zu erfüllen.
Unterstützen sie uns bei unserem Vorhaben und sprechen sie darüber – mit Kollegen, Bekannten und im Freundeskreis. Ich danke Ihnen herzlich!