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Richtiges Verhalten nach der Tat: Wie Sie der Justiz helfen können

(Dieser Text ist eine vereinfachte Zusammenfassung aus dem BIOS-Opferleitfaden. Hier finden sie den Gesamttext zum Download inkl. Verweise auf relevante Gesetzesstellen)

Für eine erfolgreiche Aufklärung einer Straftat ist das richtige Verhalten des Betroffenen nach der Tat von entscheidender Bedeutung.

Wichtig ist, insbesondere bei Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit oder das Eigentum, Spuren umgehend und vollständig sichern zu lassen. Dies hilft entscheidend dabei, den Täter zu ermitteln und vor Gericht zu stellen. Zentral ist dabei, die Polizei möglichst schnell über die Straftat zu informieren. So können Beweismittel gesichert werden, die auch zivilrechtlich bedeutsam sind, zum Beispiel für einen Schmerzensgeldprozess.

Bis zum Eintreffen der Polizei sollte der Betroffene möglichst nichts verändern und beispielsweise die eigene Wohnung – soweit möglich – erst gar nicht betreten, denn bereits kleinste Veränderungen am Tatort können die Ermittlungen erschweren. Auch Kleidungsstücke müssen im Zustand der Tat aufbewahrt werden, damit die Polizei gegebenenfalls dort Spuren des Täters sichern kann. Hilfreich ist es zudem, selbst Fotos vom Tatort bzw. den eigenen Verletzungen anzufertigen, den entstandenen Schaden zu dokumentieren, das Erlebte zu protokollieren und Adressen von Augenzeugen zu notieren. Immer muss man aber bedenken, dass eine gerichtsverwertbare Beweissicherung oftmals den eigens dafür ausgebildeten Polizeibeamten überlassen bleiben muss und nicht durch eigene „Ermittlungsarbeiten“ erschwert werden darf.Wer körperlich verletzt wurde, sollte sofort zum Arzt gehen. Die Verletzungen müssen dokumentiert werden. Das unterstützt die Ermittlungsarbeit der Polizei. Wenn Beweise objektiv und umfassend gesichert wurden, wirkt sich das auf ein späteres Gerichtsverfahren günstig aus. Im Zweifel sollte man bei der Polizei nachfragen, ob und in welchem Umfang im konkreten Fall medizinische Atteste erforderlich sind.

Sexuelle Gewaltübergriffe sind für Betroffene besonders problematisch. Vor allem in diesen Fällen ist die eingehende Konsultation eines Arztes und ggf. eine weitergehende rechtsmedizinische Untersuchung und Befundsicherung unabdingbar. Nur so kann beispielsweise DNA-Material des Täters beweisverwertbar gesichert werden. Bei zahlreichen weiblichen Betroffenen besteht nach solch einer Tat das große Bedürfnis, sich und die Kleidung alsbald zu waschen. So verständlich dies ist, sollte dies jedoch erst nach einem Gespräch mit der Polizei oder einem Arzt geschehen, damit wichtige Spuren nicht verloren gehen. Bei Bedarf und sofern gewünscht, sollten sich die Betroffenen ohne jegliche Scheu oder falsche Zurückhaltung psychologischer Hilfe bedienen, um die – zum Teil zweifellos schwierige – Rückkehr in ein normales, angstfreies Leben zu erleichtern bzw. zu ermöglichen.

Zur Frage, wer dem Betroffenen in der konkreten Situation am schnellsten helfen kann, verweisen wir natürlich zuerst einmal auf die örtlichen Polizeidienststellen. Die Polizeibeamten sind insoweit erfahren und vor allem „rund um die Uhr“ erreichbar, weshalb alle dringenden Fragen und Anliegen an sie gerichtet werden sollten.

Dabei ist jedoch Folgendes zu beachten: Spontane Äußerungen, die Betroffene machen, bevor sie von den Polizeibeamten über ihre Zeugnis- und Aussageverweigerungsrechte belehrt wurden, können nämlich verwertet werden.
Dies kann etwa im Hinblick auf Aussagen bedeutsam werden, die den Zeugen selbst belasten können. Es kann auch verhindern, dass er sich auf ein ihm unter Umständen zustehendes Aussageverweigerungsrecht aus § 55 StPOi berufen kann. Gleiches gilt, wenn dem Betroffenen ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gem. § 52 StPOii zusteht. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der eigene Ehemann als Täter beschuldigt wird.

Nicht zuletzt auch deshalb sollten Betroffene im Zweifelsfall ein auf dem Gebiet des Strafrechts spezialisierter Anwalt zeitnah zu Rate ziehen. Geeignete Rechtsanwälte kann man beim örtlichen Anwaltsverein oder Beratungsstellen wie BIOS-BW e.V. erfragen. Allerdings kann bereits das erste anwaltliche Beratungsgespräch kostenpflichtig sein. Auch hier gilt es sich deshalb vorab zu informieren. Soweit eine Rechtsschutzversicherung besteht, wäre die vorherige Anfrage einer Deckungszusage für das anwaltliche Tätigwerden oder zumindest ein Erstberatungsgespräch sinnvoll. Gegebenenfalls kann auch der Rechtsanwalt bei der Versicherung nachfragen. Unabhängig von einer möglichen Deckungszusage der Versicherung kann in bestimmten Fällen aufgrund der eigenen wirtschaftlichen oder persönlichen Situation auch ein Anspruch auf kostenlose Rechtsberatung nach dem Beratungshilfegesetz in Frage kommen. Hierfür muss sich der Betroffene aber zunächst an die zuständige Geschäftsstelle des Amtsgerichts wenden. Unter Umständen übernehmen auch andere, auf die Betreuung von Opfern ausgerichtete Institutionen, etwa der Verein „Weißer Ring e.V.“, die Kosten für die anwaltliche Beratung.

Die OTA erreichen Sie von 11.00 Uhr bis 15.00 Uhr unter der Rufnummer 0721/ 66982089

Straftaten können für die Betroffenen erhebliche psychische Folgen nach sich ziehen. Keinesfalls sollte man sich hier scheuen, den Weg zu einer Beratungsstelle zu suchen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dabei müssen nicht immer schwerwiegende Traumatisierungen mit Alpträumen und der Wiederkehr von Tatbildern“ vorliegen. Es kann auch zu weniger gravierenden Belastungen wie Schlafstörungen und leichter Reizbarkeit, kommen. Auch – und gerade in diesen Fällen – bietet es sich an, sich vertrauensvoll an seinen Hausarzt, einen niedergelassenen Psychologen oder etwa an die Opfer- und Traumaambulanz Karlsruhe/Baden (OTA) zu wenden. 

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